Kreative und vielfältige Organisationen
Die Arbeitsprozesse in Unternehmen sind seit der industriellen Revolution auf Effizienz ausgerichtet. Die Aufgabenteilungen sind klar geregelt: Das Management denkt, das Personal führt aus. Fokusiert wird dabei auf wenigen Standards und Unbekanntes sowie Neues weitgehend ignoriert und verhindert wird. Das allwissende Management gibt die Strategie und die detaillierten Arbeitsprozesse vor, schafft Kontrollmodelle und Bestrafungsmechanismen. Schon seit vielen Jahren wissen wir, dass diese Herangehensweise nicht (mehr) funktioniert. Dennoch haben viele Unternehmen und ihre Führungskräfte große Schwierigkeiten, darauf einzugehen und ihre Organisationen zu verändern. (1)
Die Digitalisierung wird viele Unternehmen vor vollendete Tatsachen stellen, denn die maximale Wissens Vielfalt ist einer der Erfolgsfaktoren bei großen Digitalisierungsprojekten. Dies wird zwar im ersten Moment die Effizienz hemmen, aber auf längere Sicht zur Effektivität beitragen (1).
Wer seine Organisation erfolgreich transformieren will, setzt auf eine agile Unternehmenskultur. Für eine kontinuierliche Transformation empfiehlt Tony Saldanah (2) laut seinen Studien, auf drei Gruppen von Aktivitäten zu setzen:
- Innovation orientiert an den Kund*innen
- Anpassungsfähige an die dynamische Umgebung
- gemeinsames Ziel
“Sell to their needs not from yours” Earl G. Graves Sr.
[Klammer auf: Organisationskultur]
Es sollte immer bedacht werden, dass Kultur ein Ergebnis ist, keine Handlung. Es ist nicht möglich die Kultur einer Organisation direkt zu verändern. Verändert werden können unter anderem Organisation & Prozesse wie
- die Einführung von modernen Innovations- und Projekt Management Strukturen,
- Abflachung der Hierarchen und Föderung von Gleichstellung
- offene Fehlerkultur praktizieren
- und viele andere Beispiele und Best Practices
Dies hat direkte Einfluss auf die Kultur und durch Beobachtungen, ergeben sich weitere Ideen für organisatorische Veränderungen.
Auf der Suche
Es gilt also, Kreativität in der eigenen Organisationen zu finden. Es sollen Menschen durch neue Methoden besser zu vernetzt werden um dem Silo-Denken entgegenzuwirken. Erfolg werden also jene haben, die auf Vielfalt setzten:
- Kulturen
- Generationen
- Ausbildungsgrade
- Geschlechter
- berufliche Hintergründen und vieles mehr
Dabei bitte immer beachten: es geht nicht darum, eine kunterbunte Belegschaft zu haben. Es ist wichtig, dass das Level an Vielfalt zur gesamtunternehmerischen Strategie passt. ‚Bunt‘ sorgt zu Beginn oftmlas für Reibungsverluste, die erst in einem wertschätzenden Arbeitsumfeld gewinnbringend eingesetzt werden.
Susanne Dammer, Diversity Managerin www.susannedammer.com
Die Teams sollten zumindest so vielfältig sein, wie die eigenen Kund*innen. Nur so können perfekte Lösung für die richtige Fragestellung gefunden werden. Immer mehr Studien bestätigen, dass Diversitätsmanagement Organisationen erfolgreicher macht. (3)
Heterogenität innoviert erfolgreicher
Der Grund dafür ist einfach: “Innovationen machen Organisationen erfolgreich. Und innovative Ideen gedeihen am besten in einem vielfältigen Umfeld. Warum das so ist? Unterschiedliche Perspektiven helfen, das Gewohnte in Frage zu stellen und es zu verbessern. Studien bestätigen, dass Teams innovative Lösungen am besten entwickeln, wenn sie vielfältig zusammengesetzt sind. Wenn verschiedene Persönlichkeiten ihre Fachkompetenzen und Perspektiven einbringen können, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Team mit gut durchdachten Ansätzen glänzt.” (4)
Wer also seine Organisation digitalisieren will, erhöht die eigenen Erfolgschancen signifikant, wenn heterogene Teams an den Strategien und Projekten arbeiten. Denn am Ende tun die Maschinen das, was der Mensch ihnen beibringt. Das kann auch Schattenseiten habe.
Digitale Biases
Unsere Schachteln
Wie der Mensch die wahrgenommene Welt verarbeitet, ohne einer Reizüberflutung zu unterliegen, ist schon ziemlich faszinierend. In den vergangenen Jahren haben wir die Komplexität für die Menschen dabei noch erhöht, denken wir nur an die vielen Straßenteilnehmenden und die ständige Beschallung mit Marketing Informationen. Es ist daher evolutionstheoretisch gesehen sinnvoll, die Welt in Schubladen zu stecken und uns damit die Möglichkeit für schnelle Entscheidungen zu geben. Doch unsere Fähigkeit ist gleichzeitig eine Gefahr, da wir durch die bewusste und unbewusste Voreingenommenheit nicht immer das vollständige Bild (Big Picture) kennen und uns Stereotypen bedienen.
Kognitive Verzerrung
Wer sich mit Digitalisierung beschäftigt, stößt irgendwann auf den Begriff Bias. Kognitive Verzerrung (Bias) ist ein Sammelbegriff für systematische fehlerhafte Neigungen beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen. Sie bleiben meist unbewusst und basieren auf kognitiven Heuristiken. (8)
Denken wir also an Teams, die digitale Technologien entwickeln und diese Biases haben. Manchen sind sie sich bewusst anderen jedoch nicht. Um eine “neutrale” Technologie entwickeln zu können, ist also entscheidend, dass die Biases nicht in die Technolgie übernommen werden. Denn nur weil etwas digital und nicht menschlich ist, heißt das nicht, dass es nicht diskriminiert. (5) Genau das Gegenteil ist der Fall, wie prominente Beispiele von Amazon und Microsoft zeigen.
Vor allem jene Technologien, welche (oft unrecht) in den Sammelbegriff künstlichen Intelligenz gepackt werden (Big Data Analysis, Deep Learning, Machin Learning, algorithmische Entscheidungssysteme) sind anfällig für dieses Fehlverhalten. Dabei wird häufig versucht, die Ursache in der Technologie selbst zu suchen, doch es wird keiner fündig. Denn die Ursachen liegen bei den Menschen selbst und den Daten.
Diskriminierende Daten
Es sei nicht der Fall, dass die Leute, die entwickeln, etwas Böses wollten. Es fehlt einfach an Ausbildung, kritisch zu hinterfragen (4) sowie an angstfreiem Umfeld bzw offenen Unternehmenskulturen (7). Dabei muss auch die Wissenschaft die eigenen Rechen- und Datenmodelle immer wieder hinterfragen. Bei der Gauschen Normalverteilung gehen wir beispielsweise davon aus, dass rund 1% der Datensätze nicht relevant sind, und es sich um die sogenannten Outlier handelt. Werden die Daten immer weiter nach dem gleichen Modell verarbeitet, “Dann passiert es halt, dass wir uns von der Technologie eine “Norm” aufrechnen lassen, die immer enger wird und die Randbereiche immer größer werden lässt.” Sagt Katta Spiel, wissenschaftlerin an der Universität Wien (4). Wir wissen bereits, dass die Daten und damit die Ausbildungsgrundlage für viele Technologien zeitlich hinterherhinken. Sie ruft zu Slow Tech auf und motiviert dazu, uns ein wenig besser zu überlegen, wie wir Technik gestalten wollen. Denn in der digitalen Welt entstehen neue Realitäten und die können wir im Nachgang nur schwer weniger ausgrenzend machen.
“Die Verlagerung des Sozial- und des Arbeitslebens in virtuelle Räume darf nicht zu einer zusätzlichen Benachteiligung bestimmter ‚Sub-Gruppen‘ führen.“
Sabine Sommer, Diversity-Expertin
Beispiele aus der Realität

Tay der rassistische Twitter Bot
Tay war ein von Microsoft entwickelter Chatbot mit künstlicher Intelligenz, welcher am 23. März 2016 via Twitter an die Öffentlichkeit trat. Er verursachte nachfolgend eine öffentliche Kontroverse, als der Bot damit begann, anzügliche und beleidigende Tweets zu verfassen, was Microsoft zwang, den Dienst nur 16 Stunden nach seinem Start wieder abzuschalten. Ursache waren wohl Trolle (https://de.wikipedia.org/wiki/Troll_(Netzkultur)) , Internet Benutzende, welche den Chatbot konsequent mit Fragen und Aussagen gefüttert hatten.
Ein KI-basiertes HR System diskriminiert Frauen
Die entwickelte Lösung sollte eingehende Bewerbungsunterlagen von möglichen neuen Mitarbeitenden durchgehen und hinsichtlich ihrer Eignung bewerten. Während der Entwicklung arbeiteten die Teams mit den Bewerbungsunterlagen von bestehenden Amazon-Mitarbeitenden und trainierten damit die Technologie. Im operativen Einsatz bewertete es männliche Bewerber deutlich besser als weibliche, was auf die Trainingsdaten zurückgeführt wurde, in denen Männer deutlich überrepräsentiert waren. In der Folge stoppte Amazon den Einsatz der Lösung.

Quellen
- Holger Volland in seinem Newsletter, Digitalisierung mit Rückgrat, Ausgabe vom 15.11.2022
- The Surprising Disciplines of How to Take Off and Stay Ahead, Tony Saldanha, 2019 | LINK
- Disruptive Thinking, das Denken, das der Zukunft gewachsen ist. Bernhard von Mutius, 2017
- Carte der Vielfalt | Webseite
- Artkel: Man kann nicht, nicht diskriminieren | LINK
- Katta Spiel: Als Mensch zählen, Österreichische Akademie der Wissenschaften | VIDEO
- Susanne Dammer, Diversity Manager | Webseite
- Wikipedia Bias | LINK
Bilder
- Photo by Katie Rainbow
on Unsplash
- Photo by Everyday basics on Unsplash
- Photo by Miguel Bruna on Unsplash