Hintergrund

In den letzten Jahren bestand ein erhöhtes wissenschaftliches Interesse an der Rolle von Social Media bei der Erleichterung (in facilitating) von Aktivismus. Es gibt Ereignisse wie den arabischen Frühling, welche in den Massenmedien und in der wissenschaftlichen Literatur als “Twitter Revolution” bezeichnet wurde. Auch bekannt sind die Bewegungen wie #Black-LivesMatter, #metoo und die ALS Ice Bucket Challenge [ALS Association ran an ice bucket challenge].

Die Wissenschaft ist sich bisher nicht wirklich einig, ob Social Media den bestehenden Aktvismus verstärkt oder ob es eine komplett neue “virtuelle” Bewegung aktiviert (enabled). Es könnte sogar sein, dass soziale Medien eine Art Revolution im politischen Verhalten und Engagement darstellen. Bekanntestes Beispiel – 2018 startete Greta Thunberg ihren “Streik für das Klima” vor dem schwedischen Parlament und innerhalb eines Jahres wurde sie zu einer der führenden Persönlichkeiten der Jugendbewegung. Sie dokumentierte ihre Erlebnisse über Twitter, wo sie heute >5 Mio Menschen (Stand Herbst 2022) erreicht.

Digitale Strategien des Jugend-Aktivismus

Soziale Medienplattformen werden von jugendlichen Klimaaktivist*innen genutzt um Gemeinschaften (communities) der sozialen Bewegungen zusammenzuführen und auf ein größeres kollektives Handeln auszurichten.

Die Studie von “Fighting for Their Future: An Exploratory Study of Online Community Building in the Youth Climate Change Movemen; 2021” zeigt drei Hauptstrategien, die von den Aktivisten angewandt werden und sich als wirksam erweisen beim Aufbau dieser veränderungsorientierten Koalition um globalen Klimaschutz:

  • Projektion einer aktivistischen Identität durch die in ihren Tweets generierten Inhalte
  • die Verwendung On- und Offline-Tools, um mehrere Narrative zu schaffen um eine globale Gemeinschaft von jugendlichen Klimaaktivist*innen anzuziehen und als Jugend-Klimaaktivist*innen zu gewinnen und zu engagieren
  • die Beteiligung an breiten politischen Konversationen unter Verwendung emotionaler Erzählungen um Verbindungen aufzubauen, die bei den Anhängern Anklang finden

Dabei bilden diese 3 Strategien den roten Faden der sich durch die individuell gestalteten Inhalte der Aktivist*innen zieht. Denn wie wir bei den Sustainability Days von Clover Hogan gelernt haben, zählt Authentizität zum höchsten Gut in der Online-Welt.

„Find joy, community & happines“, Clover Hogan und www.forceofnature.xyz

Digitale Technologien

Die digitalen Online-Technologien haben die sozialen Interaktionen auf komplexe Weise verändert. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass die große Anzahl an verfügbaren digitalen Werkzeugen (Tools) eine entscheidende Rolle spielt. Social-Media-Seiten bieten eine Reihe von Funktionen, die den Informationsaustausch und die Generierung von Inhalten verändern. Hashtags, Retweets und Grafiken sind gängige rhetorische Strategien und sprachliche Funktionen, um Narrative über Social-Media-Plattformen aufzubauen.

Auch die Art wie Inhalte verteil und verstärkt werden können ist nahezu einzigartig. Die sozialen Medien spielen daher weiterhin eine wichtige Rolle bei der Organisation der sozialen Bewegungen von heute.

Die Schattenseite

Doch wie immer gibt es eine dunkle Seite wenn es um das Internet geht (the dark side of the web).

Kapitalismus

Soziale Medien werden von großen Privatunternehmen betrieben und sind damit den Regeln des Kapitalismus unterworfen. Datenerhebung, Datenverwaltung und Bruch der Privatsphäre (Teil der Grundrechten des Menschen) gehören zu den gängigen Methoden, um Gewinne und kontinuierliches Wachstum zu gewährleisten. Trotz immer lauter werdender Kritik der Internet-Community sind die Algorithmen der diversen Anbieter (Twitter, Meta mit Intagram und Facebook, LinkedIn, Pinterest und viele mehr) weitgehend unbekannt. Wir wissen daher nicht genau nach welchen Kriterien Inhalte höher oder niedriger gewertet werden, was direkten Einfluss auf die Sichtbarkeit hat.

Kontrolle

Aber auch die Behörden wollen die Privatsphäre der Social Media Benutzer*innen weiter Einschränken. Die von der EU geplante Chatkontrolle würde den Konzernen noch mehr Einfluss auf die Inhalte geben und die Sicherheit gefährden. Siehe Video für weitere Details.

Hass vs. Privatsphäre

In den weitgehend unmoderierten Online-Communities verbreiten sich Negativismus, Hass sowie Unwahrheiten (Fake News) schneller und drängen konstrikutiven Austausch, Lob und nette Interaktion weit in den Hintergrund. Einschüchterung steht an der Tagesordnung, sowohl unter Decknamen als auch mit Klarnamen und Verlinkungen zu Arbeitgebern in digitalen „Business“-Netzwerken. Viele digitale Aktivist*innen haben nachweislich Probleme, ihre Privatsphäre und Sicherheit zu schützen – Tendenz steigend.

Professionells Community Management

Den negativen Effekten kann mit gezieltem Community Management entgegenwirkt und kontruktiver Austausch geförder werden. Eine Auswahl an festgeschriebenen Verhaltensregeln (Netiquette) gibt einen transparenten Rahmen für die gemeinsame Kommunikation. Aktive Moderation stärkt nachweislich die soziale Unterstützung und den Zusammenhalt in Communities. Ein Ziel ist es dabei, konstruktive Beiträge aktiv zu ermöglichen sowie zu fördert und den Fokus von Negativkommentaren auf den wirklichen Inhalt zurück zu führen. Die Interaktion mit den Menschen kann auch eine gute Gelenheit zur Sensibilisierung darstellen. So können aufklärende Kommentar und Links zu neutralen Inhalten, positiv zur Zusammenarbeit im Internet beitragen.

Unsere Chance

Soziale Medien haben sowohl ermächtigendes (empowering) als auch entmündigendes (disempowering) Potenzial. Diese können dazu beitragen, dass Aktivist*innen Sichtbarkeit für ihre Kampagnen erlangen. Allerdings werden sie durch soziale Medien auch angreifbarer, da sie es Unternehmen, öffentlichen Behörden und anderen Internet-Individuen ermöglichen, die Sichtbarkeit der Kritiker einzuschränken. Eine aktive Moderation förder den konstruktiven Austausch und soll sicherstellen, dass wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Gemeinsam für die Zukunft der Menschen auf dieser wunderbaren Erde. Liebe Grüße, Karina

Quellen
  • Social media and activism: A literature review; Bradley Allsop; Social Psychological Review, Vol. 18, No. 2, Autumn, 2016
  • Fighting for Their Future: An Exploratory Study of Online Community Building in the Youth Climate Change Movement; Emily Wielk & Alecea Standlee; QSR Volume XVII Issue 2 2021
  • Social media visibility: challenges to activism; Julie Uldam; Media, Culture & Society 2018, Vol. 40(1) 41–58 2017
  • WhitePaper: Hallo Community! Konstruktive Online-Debatten fördern durch Bestärkende Moderation; Marc Ziegele und Dominique Heinbach; Landesanstalt für Medien NRW, 2021 | LINK
  • digitalegesellschaft.de
  • Links zu Wikipedia und anderen Seiten direkt im Text integriert
  • Photo by Omar Flores on Unsplash
Published On: 16. Oktober 2022 / Categories: Aktivismus, Digitale Technologien, Social Media /